Iserlohn. (AWe) Auch wenn die internationale Politik und die Bundespolitik momentan lange Schatten werfen, nähern sich die Kommunalwahlen im September. Im Vorfeld suchten Burcu Öcaldi, Bürgermeister-Kandidatin von CDU, SPD und FDP, sowie Eva Kirchhoff (CDU), stellv. Bürgermeisterin und Ratsmitglied, den Kontakt zum Märkischen Arbeitgeberverband (MAV).
Ziel des Treffens im Verbandshaus an der Erich-Nörrenberg-Straße war es, relevante wirtschaftspolitische Themen aus Sicht der Industrie zu identifizieren. MAV-Geschäftsführer Özgür Gökce lieferte im Gespräch die entsprechenden Positionen.
Gökce nannte einige lokale Themen, die die Betriebe am Standort interessieren: die geplante Erhöhung der Gewerbesteuer, die Reform der Gesellschaft für Wirtschaftsförderung, der im Aufbau befindliche Wissenscampus und das Digitalisierungsprojekt der Verwaltung.
Özgür Gökce: „Im Digitalzeitalter ist es längst gang und gäbe, dass Antragsteller elektronisch Zwischenbescheide zu ihrem Antrag erhalten. So eine Dienstleistungsqualität wünschen sich Unternehmer auch von der Stadtverwaltung.“ Burcu Öcaldi will die Digitalisierung bei einem Wahlsieg zur Chefsache machen. So sollen schnelle Entscheidungen getroffen werden können. „Weniger reden, mehr machen“, skizzierte Eva Kirchhoff ein mögliches Motto für die kommende Bürgermeister-Amtsperiode.
Burcu Öcaldi unterstrich die Notwendigkeit eines „Masterplans“ für die lokale Wirtschaft: „Wir brauchen klare Ziele. Es muss deutlich werden, wofür diese Stadt steht. Das ist eine Frage der Haltung.“ Eva Kirchhoff regte an, feste Ansprechpartner für Unternehmer zu etablieren, bei denen Information abgerufen und Anliegen platziert werden können.
MAV-Geschäftsführer Özgür Gökce äußerte den Wunsch, dass Iserlohn sich als zweitgrößte Stadt Südwestfalens in der Region noch stärker profilieren möge und vermehrt Fördergelder in die Stadt geholt werden. Er unterstrich außerdem die Bedeutung weicher Standortfaktoren für die Gewinnung und Bindung von Fachkräften. Zum Beispiel: die medizinische Versorgung, Wohnen und Wohnqualität, die Qualität von ÖPNV-Verbindungen und die Verfügbarkeit von Kindergartenplätzen, auch zur potenziellen Steigerung der Beschäftigungsquote von Frauen. Eine Verbesserung der Standortattraktivität im Sinne des Fachkräfte-Recruitings stieß auf großes Interesse bei den Gästen.
Gemeinsam fasste man den Plan, die Möglichkeit zu regelmäßigen Unternehmer-Sprechstunden mit der Kommune zu prüfen. Der Faden der Gespräche solle auch nach der Wahl nicht abreißen.
! NEU ! Immer mehr Nutzerinnen und Nutzer haben den WhatsApp-Kanal von Regional-Stimme.de abonniert. Melde dich jetzt an und erhalte regelmäßig aktuelle Nachrichten!
Digitaler Austausch mit ifo-Präsident Prof. Dr. Clemens Fuest
„Trump zerstört das Vertrauenskapital seines Landes“

Iserlohn / Hagen (AWe) – Die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump sorgt für erhebliche Beunruhigung – nicht nur an den Märkten, sondern auch bei der Wirtschaft in Südwestfalen.
Ereignisse von derartiger Tragweite gaben Thorsten Schick, Mitglied des Landtags, und Paul Ziemiak, Mitglied des Deutschen Bundestages, Anlass für eine volkswirtschaftliche Analyse der Lage. Gemeinsam mit dem Märkischen Arbeitgeberverband (MAV) und der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer (SIHK) luden die beiden heimischen Politiker Unternehmer zu einem digitalen Austausch mit einem ausgewiesenen Experten ein: Prof. Dr. Dr. h.c. Clemens Fuest, Präsident des renommierten ifo-Instituts.
Bereits unmittelbar nach der US-Wahl hatte eine Umfrage des MAV unter seinen Mitgliedern ergeben, dass fast die Hälfte der Teilnehmer Geschäftsbeziehungen in die USA pflegen. Fuest bestätigte die große Bedeutung: „Die USA sind der Haupthandelspartner Deutschlands“, so der ifo-Präsident. Zirka 60 Prozent der heimischen Güterexporte gingen dorthin. Reziproke Zölle zwischen Europa und den USA könnten einen Rückgang der Exportquote von 2,2 Prozent verursachen.
Auch könne es zu Umwegeffekten über China kommen, da europäische Produkte manchmal erst von dort den Weg in die USA fänden. Trumps Zollpolitik könne insgesamt eine Kettenreaktion des Protektionismus auslösen. Ähnliche Entwicklungen hatten zur Weltwirtschaftskrise in der 30er-Jahren geführt.
„Die EU sollte besonnen reagieren“, riet Fuest: Kooperationen mit anderen Ländern suchen aber gleichzeitig die Kooperation mit den USA aufrechterhalten und verhandeln.
Was er dem vermutlich zukünftigen Bundeskanzler Friedrich Merz raten würde, wollte MAV-Geschäftsführer Özgür Gökce wissen. „Strategische Ambiguität“, so die Antwort. Fuest plädierte dafür, auf die EU genauso zu setzen wie auf nationalstaatliche Kontakte in die USA. „Europa darf sich aber insgesamt nicht auseinanderdividieren lassen.“
In der digitalen Austauschrunde wurde von MAV-Mitgliedern insbesondere die zunehmende Bedeutung Asiens thematisiert. „Dorthin gibt es bereits gute Kontakte“, berichtete Fuest und nannte dies „ermutigende Zeichen“. Hier liege auch eine Chance für Europa. Gleichwohl sei als Folge von Trumps Zollpolitik mit einem größeren Stahlangebot in Europa zu rechnen und somit auch mit noch mehr Wettbewerb. Fuest unterstrich: „Wir sollten auf jeden Fall mit den Chinesen im Gespräch bleiben.“
Dass die Zollpolitik auch den USA schaden wird, ist für den ifo-Präsidenten längst ausgemacht. „Die Preise werden steigen, Waren aus China fehlen in den Regalen, und amerikanische Unternehmen bekommen Probleme wegen zusammenbrechender Lieferketten“, so Fuest. „Vor allem aber zerstört Trump das Vertrauenskapital seines Landes.“